Totaler Stillstand, pünktlicher Neustart - MHKW Darmstadt

Sanierung inklusive Leerung des Schlackebunkers und unangenehmer Überraschung in Darmstadt.

In Darmstadt zwang die Sanierung des 23 Meter tiefen Müllbunkers die Betreiber, die Anlage für sechs Wochen komplett stillzulegen. Bei der Leerung der Schlackebunker gab es eine unangenehme Überraschung.

T 8 Bild ZASintern - ZAS- Sanierung Schlackebunker-MIN-mini.jpgAm 22. Juli 2017 wurde das Müllheizkraftwerk in der Otto-Röhm-Straße in Darmstadt stillgelegt, und damit fing die Arbeit erst richtig an. Zwar wurde nun kein Müll mehr angeliefert, doch auf der Anlage herrschte Hochbetrieb: Das Kraftwerk wurde generalsaniert. Der Stillstand sollte nur von kurzer Dauer sein. Sechs Wochen waren dafür eingeplant.

„Wir nehmen ohnehin jedes Jahr mehrere Revisionen vor“, sagt Julia Klinger, Geschäftsführerin des Zweckverbands Abfallverwertung Südhessen (ZAS), dem das 50 Jahre alte Werk gehört und der die ENTEGA AG mit der Geschäftsführung und kaufmännischen Abwicklung des Müllheizkraftwerks betraut. „Aber dabei ist es nie nötig, die Anlage in einen Komplettstillstand zu versetzen. Wir fahren dann einfach eine der drei Linien herunter und arbeiten mit den anderen weiter.“ Was bei der großen Revision im vergangenen Jahr anders war: Der Müllbunker benötigte eine gründliche Sanierung, und ohne den geht im Kraftwerk nichts. Vom Bunker aus wird der Müll auf die drei unabhängigen Verbrennungslinien verteilt. Fällt er aus, ist kein Teilbetrieb möglich.

Sechs Wochen in drei Schichten

Die Betreiber nutzten den Stillstand, um das Kraftwerk von oben bis unten gründlich zu sanieren und instand zu setzen. Sie ließen Auffahrt und Rampe neu betonieren und das Vordach erhöhen. Die Krankabine wurde erneuert, die beiden befahrbaren Waagen modernisiert und die Hauptwasserleitungen ausgetauscht. Der Kamin wurde kontrolliert und die Verbrennungsöfen generalüberholt. Auch die Prozessleittechnik bekam eine gründliche Wartung. „Während der sechs Wochen wurde hier Tag und Nacht gearbeitet“, erklärt Klinger. „Wir hatten neben unseren eigenen Leuten 300 Arbeiter von 25 Fremdfirmen auf dem Gelände.“ Rund 11 Millionen Euro investierte der ZAS in die Sanierung und Instandsetzung.

Eine solche Sanierung ist keine Routineaufgabe. „Es gibt nicht das eine Standard-Müllheizkraftwerk. Jedes hat einen anderen Aufbau, ein anderes Einzugsgebiet und eine andere Umgebungsbebauung“, so Klinger. In drei Verbrennungslinien wird hier der Abfall von einer knappen Million Menschen beseitigt, 210.000 Tonnen im Jahr. Damit sie überhaupt für sechs Wochen vom Netz gehen kann, muss auch geklärt werden, was denn in dieser Zeit mit dem Müll passiert – schließlich fällt der ja weiter an. „Einen Teil des Mülls konnten wir in das Zwischenlager des Abfallwirtschaftszentrums Südhessen bringen. Als unsere Anlage wieder in Betrieb ging, wurde er von dort zurückgeliefert und verbrannt“, sagt Klinger. Doch der größte Teil wurde auf Müllheizkraftwerke in der Umgebung verteilt, etwa nach Frankfurt, Mainz, Offenbach, Ludwigshafen, Mannheim und Würzburg.

Überraschung im Schlackebunker

Mit allen Betreibern unterhalten die Darmstädter seit Jahren eine gute und partnerschaftliche Zusammenarbeit. Doch wie hat man sich die Vorbereitung konkret vorzustellen? „Man setzt sich zusammen, und die Aufnahmeseite überlegt, wie groß ihre Kapazität ist“, sagt Klinger. Ferner muss geklärt werden, ob der Abfall dort final entsorgt oder die Menge zu einem späteren Zeitpunkt zurückgeliefert wird.

Die Sanierung des 6.700 Kubikmeter fassenden Müllbunkers war allein angesichts der Dimensionen eine Herausforderung. „Der Bunker ist 23 Meter tief, die Wände mussten von oben bis unten eingerüstet werden, damit wir sie mit Stahlplatten verkleiden konnten“, so Klinger. Dass der Müllbunker saniert werden müsste, war bereits während des Betriebs zu sehen. Die Wände waren durch die Kräne mit den Jahren in Mitleidenschaft gezogen worden. „Beim Schlackebunker hingegen wussten wir vorher nicht, wie sanierungsbedürftig er sein würde“, sagt Klinger. „Im Zuge der Revision war er zum ersten Mal ganz leer, und sein Zustand war schlechter als wir erwartet hatten.“ Für die Sanierung bedeutete das einen zusätzlichen Aufwand, der durch Sonderschichten aufgefangen werden musste. Den Zeitplan warf das jedoch nicht groß durcheinander. Ganz wie geplant ging am 5. September die Verbrennungslinie 2 wieder in Betrieb, die beiden anderen folgten am 8. und am 15. September. Das Müllheizkraftwerk war damit pünktlich wieder am Netz.

aus: ITAD-Jahrbuch 2017.