ITAD begrüßt Bundestags-Beschluss zu Lachgas-Verbot
- ITAD begrüßt Beschluss des Bundestages für ein bundesweites Lachgas-Verbot
- Beispiele aus Hamburg und den Niederlanden zeigen allerdings: regionale und nationale Verbote reduzieren nicht unbedingt den Umlauf der Kartuschen
- Auswirkungen auf Lachgas-Explosionen in thermischen Abfallbehandlungsanlagen bleiben deshalb abzuwarten
Der Bundestag stimmte gestern Abend einer Änderung des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes zu. Damit sind zum einen der Handel und die Herstellung von Lachgas künftig verboten, die Verwendung der Stoffe in Gewerbe, Industrie und in der Wissenschaft sowie die Verwendung als Arzneimittel bleibt aber erlaubt. Das Parlament stimmte zum anderen für ein grundsätzliches Abgabe-, Überlassungs-, Erwerbs- und Besitzverbot an oder für Minderjährige sowie für ein generelles Verbot von Verkäufen über Automaten und den Versandhandel. Für erwachsene Käufer sind kleinere Kartuschen mit maximal 8,4 Gramm Füllmenge weiterhin erlaubt, weil sie unter anderem zum Aufschäumen von Schlagsahne dienen. Hierbei ist aber die Menge auf maximal 10 Behälter begrenzt.
Die Auswirkungen auf Explosionen in thermischen Abfallbehandlungsanlagen bleiben abzuwarten, denn: „Das geplante Verkaufsverbot von größeren Lachgas-Kartuschen sowie das generelle Verbot der Abgabe an Minderjährige ist ein wichtiger Schritt zur Eindämmung der Lachgas-Problematik. Allerdings sehen wir die Gefahr, dass größere Kartuschen weiterhin über eine Anwendung im gewerblichen Bereich marktfähig bleiben könnten. In diesem Fall halten wir weiterhin Pfandsysteme für ein sinnvolles, ergänzendes Instrument, damit die Flaschen nicht weiter über den Restmüll ihren Weg in unsere Anlagen finden. Denn dort verursachen sie bei Explosionen schwere Schäden, die nicht nur Betriebsausfälle und wirtschaftliche Schäden bedeuten, sondern auch die Entsorgungssicherheit für Bürgerinnen und Bürger aufs Spiel setzen“, beschreibt Dr. Bastian Wens, Geschäftsführer der ITAD.
Die unsachgemäße Entsorgung von Lachgasflaschen, also die Entsorgung über den Restmüll und öffentliche Papierkörbe, führt zu massiven Problemen in thermischen Abfallbehandlungsanlagen. Zum einen kommt es zu Explosionen mit relevanten Schäden im Kessel, zum anderen ist der Schutz der Mitarbeitenden und Besuchenden gefährdet. Bei einer ITAD-Umfrage bei den Mitgliedsunternehmen im Frühjahr 2024 gaben 57 % der Anlagen an, dass innerhalb der letzten 12 Monate vermehrt Explosionen in den Kesseln verzeichnet wurden, wobei 45 % der Anlagenbetreiber gleichzeitig auch von einem Anstieg an Schäden berichteten.
Gerade in Großstädten verzeichneten thermische Abfallbehandlungsanlagen auch 2025 wieder hohe Schäden. In Berlin wurden in den vergangenen Monaten rund 125 Kartuschen am Tag aus dem Restmüll sortiert. Die Schäden summierten sich von Januar bis September 2025 bereits auf 760 Ausfallstunden und mehrere Millionen Euro. In Hamburg, wo die Abgabe an Minderjährige bereits seit Januar 2025 verboten ist, kam es trotzdem mehrfach zu Explosionen von Lachgaskartuschen mit mehreren hundert Stunden Betriebsausfall und Schäden in Millionenhöhe.
Das Beispiel aus Hamburg oder auch aus anderen europäischen Nachbarländern zeigt, dass ein reines Verbot nicht unbedingt mit weniger Konsum einhergeht. In den Niederlanden wurde der Lachgaskonsum ab 1. Januar 2023 verboten. Zuvor war Lachgas in Behältern erhältlich, die mit einem Pfand von 30 € belegt waren. Nach Einführung eines generellen Verkaufsverbots in den Niederlanden ohne begleitendes Rücknahmesystem stieg die Zahl der durch Lachgaskartuschen verursachten Explosionen in TAB dort von etwa vier auf rund 40 pro Woche; Lachgas wurde also weiterhin in großen Kartuschen konsumiert.
„Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich das Verkaufsverbot auf den Konsum und damit auch auf unsere Betriebe auswirkt. Über die Zahl der Explosionsereignisse in unseren Anlagen werden wir zumindest ansatzweise ermitteln können, inwiefern die großen Lachgas-Kartuschen durch das Verbot tatsächlich aus dem Verkehr gezogen wurden,“ sagt Dr. Bastian Wens.
Das beigefügte Bildmaterial ist unter der Quellenangabe „Stadtreinigung Hamburg“ frei verwendbar.
Hintergrundinformationen:
ITAD e.V. ist die Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland. 92 Thermische Abfallbehandlungsanlagen (TAB) mit rund 95 % der bundesdeutschen Behandlungskapazität sind Mitglied. Sie verwerten mit über 7.500 Mitarbeitenden jährlich 25,9 Mio. Tonnen Abfälle, überwiegend aus Haushalten, Umweltschutzmaßnahmen und Gewerbe. Damit gewährleisten sie maßgeblich die Entsorgungssicherheit für Bürger und Unternehmen im Rahmen der Daseinsvorsorge. Durch die Nutzung der dabei entstehenden Abwärme wird Strom (mehr als 10 Mio. MWh) sowie Prozessdampf und Fernwärme (mehr als 26 Mio. MWh) produziert, sodass fossile Energieträger substituiert werden. Mit der Verwertung der Metalle aus den Verbrennungsrückständen wird somit ein relevanter Netto-Beitrag aus den TAB zum Klimaschutz mit mehreren Mio. Tonnen CO2 geleistet.