Stellungnahme zum Arbeitsentwurf KrWG

Die Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen e.V. begrüßt die frühe Beteiligung der betroffenen Kreise und nimmt die Möglichkeit gerne wahr, sich bereits zum unabgestimmten Arbeitsentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts zu äußern.

Es ist erfreulich, dass die Umsetzung der europäischen Abfallrahmenrichtlinie nun konkretere Formen annimmt. 
Die in Form zahlreicher Ermächtigungen vorgenommene Verlagerungen teils zentraler Regelungs¬inhalte auf Verordnungsebene führt jedoch dazu, dass sich erst nach deren Erlass zeigen wird, inwieweit der deutsche Gesetzgeber die lange erwartete Klarheit schafft und den Weiterentwicklungen der Abfallwirtschaft Rechnung trägt. 
An einigen Stellen zeichnet sich jedoch bereits jetzt auf Gesetzesebene vor dem Hintergrund der Stärkung des Zusammenspiels von energetischer und stofflicher Verwertung Nachbesserungsbedarf ab. 
Aus Sicht von ITAD ist einer der zentralen Punkte die Regelung der Hochwertigkeit bezüglich der Verwertung in § 8 KrWG-E. 
Mittels thermischer Abfallbehandlung wurden in 2008 in den 69 klassischen Anlagen 18,62 Millionen t Abfälle nicht nur zuverlässig, sicher und nachhaltig entsorgt, sondern auch die enthaltende Energie als 14,6 Mrd. kWh Wärmeexportiert und 7,3 Millarden kWh Stromproduziert, in Deutschland genutzt. Dies entspricht dem Bedarf von etwas zwei Millionen Haushalten und erzielt eine CO2eq-Gutschrift von rund 4 Millionen Tonnen jährlich. 
Die thermische Abfallbehandlung hat sich somit nicht erst mit in Kraft treten des Deponieverbotes für unvorbehandelte Siedlungsabfälle als unverzichtbarer Grundpfeiler der deutschen Abfallwirtschaft erwiesen.
Durch den aktuellen Entwurf ist nicht nur eine abfallhierarchische Herabsetzung der thermischen Abfallbehandlung zu befürchten, sondern darüber hinaus droht auch eine ungewollte Förderung verschiedenster ökologisch nachteiliger Scheinverwertungsmaßnahmen, mit denen eine notwendige thermische Abfallbehandlung umgangen werden könnte.
Besonders problematisch ist hierbei die Beibehaltung der Mindestheizwertregelung. Mit der im Arbeitsentwurf noch in eckigen Klammern auftauchenden Regelung wird laut Gesetzesbegründung beabsichtigt, einerseits besonders vorteilhafte energetische Verwertungsvorgänge mit der stofflichen Verwertung gleichzustellen, andererseits die stoffliche Verwertung jedoch gegenüber der Verbrennung weiter abzusichern und darüber hinaus eine gewisse Marktkontinuität und Investitionssicherheit zu wahren.
Die auf den ersten Blick als Zulässigkeitskriterium erscheinende Regelung wirkt faktisch als eine Herabstufung jeder energetischen Verwertung von Abfällen mit weniger als 11.000 KJ/kg zum Beseitigungsverfahren. Ungeachtet der Energieeffizienz werden Verwertungsverfahren (im Sinne der Abfallrahmenrichtlinie) auf die gleiche Prioritätenstufe wie die Deponierung gestellt. 
Dadurch entsteht eine Reihe von Problemen:
  • Das Kriterium hat kaum sachlichen Bezug, sinnvoll recyclebare Kunststoffe z.B. haben einen Heizwert von weit über 11.000 KJ/kg.
  • Die laut der Gesetzesbegründung beabsichtige Gleichwertigkeit von hochwertiger energetischer Verwertung mit stofflicher Verwertung findet sich in § 8 nur wieder, wenn die Nicht-Zulässigkeit der energetischen Verwertung als Nicht-Hochwertigkeit gelesen wird.
  • Andernfalls ist die einzige Wirkung eine Degradierung der thermischen Behandlung niederkalorischer Abfälle von Stufe 4 auf 5 der Hierarchie, was den auf Stufe 3 stehenden Recyclingverfahren – wie auch in der Begründung zugestanden – keine zusätzliche Absicherung bietet und europarechtlich nicht haltbar sein dürfte.
  • Unter Berufung auf die Abfallhierarchie könnte dann nachteiligen Entsorgungswegen der Vorzug gegenüber regionaler thermischer Behandlung und Nutzung des Energiegehalts vor Ort einzuräumen sein.
  • Von Kontinuität und Investitionssicherheit kann in Anbetracht des Wegfalls des § 4 (4) Krw-/AbfG also keine Rede sein.
ITAD fordert daher den Wegfall des § 8 (2) KrWG-E. Es sollte vielmehr eine Definition der energetischen Verwertung in § 3 aufgenommen werden, in der eine relevante Substitution fossiler Brennstoffe vorausgesetzt wird. Dies ist gewährleistet, wenn der Abfall selbstgängig brennt. Dies ist bereits ab ca. 6.000 KJ/kg der Fall. Die Aufnahme dieses Heizwertes wäre an dieser Stelle akzeptabel und würde den Schulterschluss zum Deponierecht darstellen. (Anhang 3 Nr. 2 a Deponieverordnung).

Des Weiteren sind folgende Punkte aus ITAD-Sicht relevant:
  • Der Arbeits- und Gesundheitsschutz sollte bei der Bewertung einer Verwertungsmaßnahme herangezogen werden, um eine Förderung der weltweit vielerorts menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen zu vermeiden.
  • Um ökologisch fragwürdige Vorbehandlungsmaßnahmen auszuschließen, und das Zusammenspiel von thermischer Abfallbehandlung und Recycling zu verbessern, sollte es - wenn die Recyclingquote durch die stoffliche Verwertung mittels flächendeckend eingeführter Bring- und Holsysteme erfasster Fraktionen bereits erfüllt sind - möglich sein, den verbleibenden Restmüll ohne weitere Prüfung thermisch zu entsorgen.
  • Die Verordnungsermächtigungen zum Schutz der hochwertigen Verwertung von Abfallbiomasse und Bioabfällen sollten um Kriterium zur Ausnahme von der getrennten Sammlung erweitert werden, da insbesondere in städtischen Gebieten die Hochwertigkeit durch starke Verschmutzung der Bioabfälle vermindert werden kann.
  • Die Beendigung der Abfalleigenschaft sollte durch eine Anpassung des § 5 eine hochwertige Aufbereitung sowie einen Ausschluss von höheren Schadstoffanreicherungen oder Emissionen als sie unter dem Abfallregime erfolgen würden, voraussetzen. Es darf keine Möglichkeit bestehen, dies durch Vermischung mit anderen Materialien, Verdünnung von Emissionen udgl. zu umgehen.
  • Der zentrale Begriff Siedlungsabfälle bedarf einer Definition auf Gesetzesebene.
  • Zur Sicherstellung konsequenter behördlicher Überwachung und sachgerechten Vollzuges abfallwirtschaftlicher Regelungen sollten den Ländern konkrete Überwachungspflichten auferlegt werden.
  • Hochwertige Verwertung muss auch Transparenz beeinhalten. Die getrennte Erfassung, die Zuleitung an ein Verwertungsunternehmen und die Sortierung verwertbarer Fraktionen sind alleine noch keine Garantie dafür, dass eine hochwertige Verwertung durchgeführt wird.
  • Zur Vermeidung von Ökodumping, Entsorgung minderwertiger Recyclate in zweckarmen Erzeugnissen (Gesellschaftsdeponie), Schadstoffanreicherungen in Sekundärrohstoffen und als stoffliche Verwertung deklarierte energetische Verwertungen z.B. in Zement- oder Stahlwerken sollte für hochwertige Verwertungsverfahren die Rückführung der aufbereiteten Materialien in den Stoffkreislauf sowie die ordnungsgemäße und schadlose Entsorgung der Reststoffe vorausgesetzt werden. Auch sollte die Zielsetzung innerhalb der Verordnungsermächtigungen um die Hochwertigkeit der Verwertung erweitert werden.