ITAD Stellungnahme zur Verbändeanhörung | Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Vorgaben in Art. 19 RED II

11.08.2022

Sehr geehrter Herr Dr. Pape,

sehr geehrte Damen und Herren,

leider ist die ITAD nicht direkt bei dieser Verbändeanhörung beteiligt worden. Aufgrund der sehr kurzen Frist und der späten Kenntnisnahme zu dieser Anhörung können wir nur einige wesentliche Aspekte vorbringen.

ITAD e.V. ist die Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland. Über 80 Thermische Abfallbehandlungsanlagen (TAB) mit weit mehr als 90 % der entsprechenden bundesdeutschen Behandlungskapazität sind Mitglied der ITAD. Sie verwerten mit fast 7.000 Mitarbeitern rund 25 Mio. Tonnen Siedlungsabfälle und Gewerbeabfälle pro Jahr. Unsere Mitgliedsanlagen speisen fast 25 Mio. MWh an Abwärme in Form von Prozessdampf und Fernwärme aus und produzieren noch über 10 Mio. MWh an Strom.

Das Verfahren zur Umsetzung der Vorgaben des Art. 19 RED II ist für unsere Mitgliedsanlagen in mehrfacher Hinsicht von großer Bedeutung:

  • Die ITAD und unseren Mitgliedsanlagen ist der Ablauf im HKN-Register durchaus bekannt. Die meisten Strom-einspeisenden TAB nehmen bereits seit Jahren am HKN-Verfahren teil.
  • Bereits 16 % der eingespeisten Energie in Fernwärmenetze stammen aus der Abwärme von TAB (insg. werden rund 11,2 Mio. MWh alleine von unseren Mitgliedsanlagen in Fernwärmenetze eingespeist). Die Abwärmenutzung wird im Rahmen des GEG und vielen aktuellen Studien als unvermeidbare Abwärme eingestuft mit den entsprechenden positiven Energiekennzahlen.
  • Viel Mitgliedsanlagen sind in der Konzeption, auf ihren Betriebsgelände Elektrolyseure zu errichten, um mit den „Überschussstrom“ Wasserstoff zu erzeugen.

Die thermische Behandlung von unvermeidbaren und nicht stofflich verwertbaren Abfällen wird auch bei einer ambitionierten Steigerung der Recyclingquote zukünftig ein wichtiger Pfeiler der Abfallwirtschaft bleiben. Rund 50 % der Abfälle stammen bereits aus Umweltschutzmaßnahmen, wie Sonderabfälle, Klärschlämme oder Sortierreste.“

Auch klima- und wirtschaftspolitisch ist eine möglichst effiziente Nutzung der zwangsläufig entstehenden Abwärme bei der Verbrennung unvermeidbaren Abfälle geboten. Diese Aussage wird sinngemäß in vielen Publikationen geteilt:

  • „Die Energiegewinnung aus Abfällen ist im Vergleich zu anderen Energiequellen, wie fossilen Brennstoffen und Erdgas ein teurer Prozess. Aufgrund der ökologischen und wirtschaftlichen Vorteile sind die hohen finanziellen Kosten jedoch gerechtfertigt" [IPCC-Bericht vom 04.04.2022; S. 47-48]
  • „Grundsätzlich werden die Lebenszyklus-Treibhausgasemissionen von Abfällen und Reststoffen, (…) bis zur Sammlung dieser Materialien mit null angesetzt, unabhängig davon, ob sie vor der Umwandlung ins Endprodukt zu Zwischenprodukten verarbeitet werden. Abfällen und Reststoffen werden keine Emissionen zugeordnet.“ [Rat der EU (10488/22) RED III vom 24.06.2022]
  • „Die energetische Nutzung unvermeidbarer Abfallmengen könnte jedoch mit guten Gründen als eine effiziente Form der Abfallentsorgung eingestuft werden und damit diese CO2-Mengen im Bereich der Abfallwirtschaft bilanziert werden. Dies würde auch als Lenkungsinstrument in Richtung einer deutlichen Erhöhung der Recyclingquoten in der Abfallwirtschaft wirken.“ [C. Maaß Et.al.; HIC Hamburg Institut Consulting GmbH: Grüne Fernwärme für Deutschland – Potenziale, Kosten, Umsetzung; 08.03.2021].

Aufgrund der Kürze der Zeit können wir auf den Gesetzesentwurf leider nicht intensiv eingehen. Unsere Kernbotschaften sind daher:

  1. Unvermeidbare Abwärme

Neben Wärme aus erneuerbaren Energiequellen trägt auch Wärme aus unvermeidbarer Abwärme (TAB und Industrie) zur Dekarbonisierung der Wärmenetze bei. Diesem Umstand wird in allen relevanten Gesetzen Rechnung getragen, indem unvermeidbare Abwärme inklusive der Wärme aus der thermischen Abfallbehandlung mit Wärme aus erneuerbaren Energien gleichgesetzt wird. HKN dürfen daher nicht nur auf Wärme und Kälte aus erneuerbaren Energiequellen beschränkt werden, sondern müssen auf unvermeidbare Abwärme ausgeweitet werden. Gleiches gilt für die Stromerzeugung aus Abwärme. 

  1. Bilanzierung

Als Alternative zu HKN für Wärme und Kälte aus erneuerbaren Energien bietet sich die Anerkennung produktspezifischer Kennzahlen auf Grundlage des AGFW Vorarbeitsblattes FW 309 Teil 9 an. Damit lassen sich erneuerbare Anteile der Wärme- oder Kälteerzeugung bilanziell einzelnen Kunden zu ordnen. Durch die Nutzung dieses Instrument kann das Ziel Artikel 19 RED, den Anteil erneuerbarer Energien im Energiemix objektiv, transparent und diskriminierungsfrei erfüllt werden. 

  1. Bestandsanlagen

Die vorgeschlagene Regelung führt zu einem Ausschluss von Bestandsanlagen aus dem HKN-System, sofern sie zur Erfüllung gesetzlicher Vorgaben (z. B. GEG) oder förderrechtlicher Anforderungen eingesetzt werden. Damit würden HKN als Mittel zur Erfüllung von Effizienzanforderungen auf neue, kleine Wärme-/Kältenetze beschränkt.

Vor allem für Anlagen, die keine EEG-Vergütung bekommen/bekamen, stellen HKN für Strom einen wichtigen Faktor dar, um die nachhaltige Energienutzung zu dokumentieren. Auch aus diesem Grund muss auf den Ausschluss von Bestandsanlagen verzichtet werden. 

  1. Ausstellung von „Strom-HKNs“

Bisher wird nur ein HKN generiert, wenn Strom in ein öffentliches Stromnetz eingespeist wird und aus diesem entnommen wird. Eine direkte Nutzung von HkNs – z.B. Lieferung von Strom aus dem Generator direkt zum Elektrolyseur auf dem Betriebsgelände – ist derzeit nicht möglich. Hier muss die Systematik angepasst werden. 

Gerne stehen wir Ihnen für weitere Informationen zur Verfügung. Wir bitten Sie, unsere Anregungen im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu berücksichtigen und uns als ITAD im Rahmen der Verordnung zu beteiligen.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Treder

Stellv. Geschäftsführer

ITAD e.V.

 

Interessenvertretung

ITAD ist registrierte Interessenvertreterin und wird im Lobbyregister des Bundes unter der Registernummer: R000996 geführt. ITAD betreibt Interessenvertretung auf der Grundlage des „Verhaltenskodex für Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter im Rahmen des Lobbyregistergesetzes“.