Referentenentwurf zur Novelle KrWG

Im Zuge der Verbändeanhörung übermittelte ITAD am 09.09.2019 eine Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union in Form einer Änderung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG)

Sehr geehrter Herr Dr. Petersen,

wir bedanken uns für die Möglichkeit zur Stellungnahme zum vorliegenden Entwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie (AbfRRL) der Europäischen Union (EU).

ITAD e.V. ist die Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland. Knapp 80 ThermischeAbfallbehandlungsanlagen (TAB) mit über 90 % der bundesdeutschen Behandlungskapazität sind Mitglied der ITAD.
Sie verwerten mit fast 7.000 Mitarbeitern rund 24 Mio. Tonnen Siedlungsabfälle und siedlungsabfallstämmige oder -ähnliche Gewerbeabfälle pro Jahr und gewährleisten somit maßgeblich die Entsorgungssicherheit für Bürger und Unternehmen.

Wir begrüßen, dass das BMU das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) überarbeitet, um die aus der novellierten Abfallrahmenrichtlinie (AbfRRL) resultierenden EU-Vorgaben in deutsches Recht umzusetzen. Auch unterstützen wir die Zielsetzung, mit der KrWG-Novelle dieKreislaufwirtschaft in Deutschland u.a. in Bezug auf Hochwertigkeit der Verwertung und Ressourceneffizienz weiter voran zu bringen.

Umso wichtiger ist, dass das Ergebnis der KrWG-Novellierung klare und praxisnahe Maßgaben formuliert, die hinsichtlich der vorgenanntenZielsetzungen einer möglichst hochwertigen und effizienten Bewirtschaftung der Ressource „Abfall“ tatsächlich positive Effekte nachsich ziehen.

ITAD und seine Mitglieder nehmen seit Jahren aktiv an den Diskussionen zur Weiterentwicklung der deutschen Kreislaufwirtschaft mit dem Ziel teil, einheitliche, rechtssichere und praktikable Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine wirtschaftliche und zugleich möglichst hochwertige Verwertung von Abfällen (im sachgerechten Zusammenspiel der stofflichen und energetischen Verwertung) gewährleisten. Hierbei müssen Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz im Vordergrund stehen. Dabei muss aber auch ein funktionierender, fairer Wettbewerb zwischen allen beteiligten Marktakteuren sichergestellt werden.

Dies vorangestellt nehmen wir zu den geplanten Ausführungen im Referentenentwurf des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (RefE KrWG) wiefolgt Stellung:

§ 3 Begriffsbestimmungen

Generell empfehlen wir dringend zur Rechtsklarheit, sich eng an den Begrifflichkeiten der EU-Abfallrahmenrichtlinie zu orientieren.

Abs. 5 a) Nr.1 und 2 - Siedlungsabfalldefinition

Im Vergleich der Begriffsdefinition „Siedlungsabfall“ ist das in der AbfRRL definierte Erfordernis der Ähnlichkeit von Abfällen aus anderenHerkunftsbereichen zu solchen aus (privaten) Haushalten weniger streng als eine (unmittelbare) Vergleichbarkeit im RefE KrWG gefasst. Diese Abweichung birgt vor dem Hintergrund der anzustrebenden Homogenisierung der europäischen Abfallgesetzgebung mit dem KrWGdie Gefahr möglicher Irritationen und/oder juristischer Auseinandersetzungen. Eine Vereinheitlichung diesbezüglich schafft die notwendigeRechtssicherheit.

Dies gilt auch hinsichtlich Nr. 2, Ziffer 1, Buchstabe e) – Negativabgrenzung „Klärschlamm“. Europarechtlich im Sinne der AbfRRL istKlärschlamm ausdrücklich kein Siedlungsabfall und kann somit in Bezug auf die Quotenberechnung für Siedlungsabfälle nicht berücksichtigt werden. Auf Seite 39 der Begründung des Referentenentwurfs wird angegeben, die deutsche Formulierung sei nahezu wortgleich. Dies lässt sich dem Begriff „Abwasseranlagen“ jedoch nicht ohne weiteres entnehmen. Insgesamt wirkt die europäische Formulierung zu Buchstabe e) verständlicher und strukturierter.
Vorschlag:Die Formulierung (2b) der Abfallrahmenrichtlinie sollte wörtlich in § 3 Abs. 5a RefE KrWG übernommen werden.Da das Kreislaufwirtschaftsgesetz auch die Rechtsgrundlage für untergesetzliche Regelwerke wie die Gewerbeabfallverordnung(GewAbfV) bildet, sollten bei entsprechender Aufnahme der EUrechtlichen Siedlungsabfalldefinition in das deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz (aus Gründen der Rechtsklarheit) gleichgelagerte Definitionen und Anwendungsbereiche (bspw. in der GewAbfV) nachträglich im Sinne dieser Definition angepasst werden.
Hierauf sollte in der Gesetzesbegründung entsprechend hingewiesen werden.

Abs. 23 a) Definition der stofflichen Verwertung

Die neue aufgenommene Regelung definiert (Hervorhebung nicht im Original): „Stoffliche Verwertung im Sinne dieses Gesetzes ist jedesVerwertungsverfahren, mit Ausnahme der energetischen Verwertung und der Aufbereitung zu Materialien, die für dieVerwendung als Brennstoff oder als anderes Mittel der Energieerzeugung bestimmt sind. Zur stofflichen Verwertung zähleninsbesondere die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und die Verfüllung.“Die Regelung dient der Umsetzung von Artikel 3 Nummer 15a AbfRRL und steht auch im Zusammenhang mit der Berechnung der Quote für die „sonstige stoffliche Verwertung“ von nicht gefährlichen Bau- und Abbruchabfällen nach dem (bisherigen) § 14 Absatz 3 KrWG.Demnach kann die Nutzung von Ersatz- bzw. Sekundärbrennstoffen (EBS/SBS) als alternativer Brennstoff auch nach der neuen Definitionweiterhin nicht zur Berechnung der stofflichen Verwertungsquote herangezogen werden. Andernfalls müsste auch die mineralischverwertete Fraktion aus der Schlackenaufbereitung der Verwertungsquote unterliegen.Wir begrüßen diese Regelung ausdrücklich und möchten darauf hinweisen,dass die stoffliche Verwertung eines nur kleinen Anteils der Gesamtfraktion (z.B. Einbindung in ein Produkt) zu keiner grundsätzlichenVerschiebung der Abfallhierarchiestufe für das Verwertungsverfahren führen darf. Ausschlaggebend für die Einstufung als stoffliche Verwertung darf keinesfalls ein (ggf. unvermeidbarer) Nebeneffekt bei der Nutzung eines Abfalls sein. Anderenfalls müsste auch die Freilegung von (reinen) Metallen (z.B. aus Verbundstoffen) sowie deren Abtrennung nach der energetischen Verwertungsmaßnahme zu einer Einstufung der TAB als stoffliche Verwertung führen.

Vorschlag: Eine Klarstellung, dass für die Einstufung als stoffliche Verwertung nicht ein Neben- oder Teileffekt im Rahmen einer gemäß Abfallhierarchie als sonstiges Verwertungsverfahren eingestuften Nutzung des Abfalls ausschlaggebend ist, sollte zumindest in die Begründung aufgenommen werden.

§ 3 Abs. 25a) – Definition Verfüllung

Die erstmalig ins Kreislaufwirtschaftsgesetz aufgenommene Definition der Verfüllung entspricht einer 1:1 Umsetzung der europäischen Begriffsdefinition (s. Art. 3 Nr. 17a der Richtlinie (EU) 2018/851).

Wir begrüßen die vorgenannte 1:1 Umsetzung und die damit verbundene Konkretisierung, dass ausschließlich nicht gefährliche Abfälle unter die Begriffsdefinition fallen. Ebenso begrüßen wir die in der Begründung zu § 3 Abs. 25 a vorgenommene Bezugnahme auf § 3 Absatz 23 a (neu) RefE KrWG (S. 41u. 42) und in diesem Zusammenhang die ausdrücklichen Klarstellungen durch den Gesetzgeber (u.a. kein Ausschluss einer „sonstigen stofflichen Verwertung“ von gefährlichen Abfällen).

Neben der materiell-rechtlichen Beschränkung auf „nicht-gefährliche Abfälle“ erfasst die Definition der Verfüllung ausschließlich Verwertungsverfahren, bei denen Abfälle „zur Rekultivierung von Abgrabungen oder zu bautechnischen Zwecken bei der Landschaftsgestaltung“ verwendet werden.Werden Abfälle für andere Zwecke verwendet, kommt die Definition der Verfüllung in diesen Verfahren ebenfalls nicht zur Anwendung.Dies ist u.a. der Fall bei der Verwendung von Abfällen zu Versatzzwecken in untertätigen Bergwerken (untertägiger Versatz). Diesbezüglich enthält die Gesetzbegründung allerdings keine Erläuterungen oder klarstellenden Hinweise, was ggfs. zu Missverständnissen führen kann.

Vorschlag: Hinsichtlich der Definition der Verfüllung sollten ergänzende und klarstellende Hinweise in die Gesetzesbegründung aufgenommen werden:
„Der Verfüllungsbegriff und die Beschränkung auf nichtgefährliche Abfälle beziehen sich nur auf die Verwendung vonAbfällen „zum Zweck der Rekultivierung von Abgrabungen oder zu bautechnischen Zwecken bei der Landschaftsgestaltung, so dass andere Verwendungen von Abfällen (so z.B. der untertägige Versatz) hiervon nicht erfasst werden und anderweitig (z.B. im Bergrecht) geregelt werden. “

Fehlende Begriffsbestimmungen

Definition kritische Rohstoffe

Der RefE KrWG nimmt in § 23 Abs. 2 Nr. 3 Bezug auf kritische Rohstoffe, diese werden aber nicht definiert.

Vorschlag:Wir empfehlen die Aufnahme der Definition analog EU-Kommission (Liste der kritischen Rohstoffe – KOM (2017) 490).
§ 3 Abs. 29 (neu)Kritische Rohstoffe sind solche, bei denen ein Versorgungsengpass in der EU zu erwarten ist. Sie werden von der EUbestimmt (KOM (2017) 490).

Definition Rezyklat

Der Begriff Rezyklat ist u.a. in den §§ 23, 24 und 45 RefE KrWG erwähnt, wird jedoch nicht legal definiert.Vorschlag:Wir regen an, den Begriff „Rezyklate“ in § 3 RefE KrWG zu definieren.Aufgrund der vergleichsweisen kurzen Frist innerhalb der Sommerferien befinden wir uns allerdings noch in der Abstimmung eines konkreten Vorschlages.

Definition Hochwertigkeit des Recyclings

Der RefE KrWG definiert zwar in den Absätzen 23, 23a), 24 und 25 die unterschiedlichen Verwertungsverfahren, die Vorbereitung zurWiederverwendung und das Recycling, versäumt es aber, in diesem Zusammenhang entsprechende Anforderungen an die Hochwertigkeit der Verfahren bzw. an Rezyklate zu stellen.

Vorschlag:Da die Definition der „Hochwertigkeit des Recyclings“ von großer Bedeutung hinsichtlich der Zielsetzung einer möglichst hochwertigenstofflichen Verwertung auch in Abgrenzung zu energetischen Verwertungsverfahren ist sowie aufgrund der Komplexität und Bedeutungdieser Fragestellung, schlagen wir vor, für ausgewählte Abfallströme, wie z.B. Kunststoffe, die Hochwertigkeitsanforderungen im Rahmen separater Verordnungen, wie bereits für Bioabfall, Altholz etc. erfolgt, auf Basis der Ermächtigungsgrundlage von § 8 Abs. 2 Nr. 2 KrWG zu definieren.

§ 5 Ende der Abfalleigenschaft

§ 5 des RefE KrWG erhält ausdifferenziertere Kriterien als zuvor. Kritisch zu betrachten sein könnte § 5 Abs. 2 Nr. 4 – dort werden Managementsysteme zum Nachweis der Einhaltung der Kriterien für das Ende derAbfalleigenschaft per Rechtsverordnung und deren (Mindest-)Inhalteimplementiert.Seite 42/43 der Begründung RefE nimmt Bezug auf die Umsetzung von Artikel 6 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 2 AbfRRL (Öffnungsklausel). Sinngemäß wurden die dortigen Formulierungen ins deutsche Recht übernommen.„Vorbild“ für Akkreditierung oder Fremdüberwachung könnten laut BMU EU-Verordnungen zur Bestimmung der Abfalleigenschaft von Schrotten oder die Qualitätssicherung im Bereich Bioabfall/Klärschlamm gem. § 12 Abs. 5 KrWG sein.Kriterien wie Qualitätskontrolle, Eigenüberwachung, Akkreditierung/Fremdüberwachung der Managementsysteme und das Erfordernis einer Konformitätserklärung deuten auf einen hohen personellen, administrativen und finanziellen Aufwand für betroffene Unternehmen hin. Hier ist ein Vorgehen mit Augenmaß zu fordern.

Vorschlag:Der Gesetzgeber sollte in § 5 RefE KrWG hinreichend allgemeine Verfahren zur Akkreditierung/Fremdüberwachung schaffen, die derVerschiedenheit von Stoffen, Gegenständen oder Erzeugnissen gerecht wird. Geklärt werden muss, ob bestehende Gütesicherungs-,Fremdüberwachungs- oder Managementsysteme, wie etwa die RALGütezeichen, ausreichen. Dies wäre praxisgerecht.

§ 9 Getrennte Sammlung von Abfällen zur Verwertung

§ 9 Abs. 2 RefE KrWG enthält eine starke Einschränkung für die energetische Verwertung von zum Recycling getrennt gesammeltenAbfällen. Die energetische Verwertung soll nur zulässig sein für Abfallfraktionen, die (erst) bei der nachgelagerten Behandlung dergetrennt gesammelten Abfälle angefallen sind und nur soweit die energetische Verwertung dieser Abfallfraktionen dem Schutz von Menschund Umwelt unter Berücksichtigung der in § 6 Absatz 2 Satz 2 und Satz 3 festgelegten Kriterien am besten oder in gleichwertiger Weise wie die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling gewährleistet.§ 7 Absatz 4 gilt entsprechend.Laut Begründung RefE KrWG (S.46) können einschlägige, nachgelagerte Behandlungen z.B. Sortierung, Zerkleinerung, Siebung, Sichtung,Verdichtung oder Pelletierung sein. Mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit findet darüber hinaus § 7 Absatz 4 Anwendung. Die energetische Verwertung komme für die o.g. Abfallfraktionen ausnahmsweise in Betracht, soweit die vorrangige Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar sind.Die Regelung fügt sich in die Sichtweise des Gesetzgebers zur energetischen Verwertung ein. Direkte Angriffspunkte sind nichtersichtlich, zumal die Verhältnismäßigkeit und Kosten-Nutzen-Relationen beachtet werden sollen.Zahlreiche Fehlwürfe in einer getrennt erfassten Fraktion können deren Qualität derart reduzieren, dass ein Recycling der Abfälle mitangemessenem (technischem und/oder wirtschaftlichem) Aufwand nicht mehr möglich ist bzw. durch den Recyclingprozess mehrUmweltbelastungen entstehen, als durch den späteren Nutzen der Rezyklate eingespart werden (negative Ökobilanz). Der Abfall muss indiesen Fällen als Restabfall betrachtet und entsprechend behandelt werden. Diese Vorgehensweise sollte unter Verweis auf § 7 Abs. 4 KrWG weiterhin statthaft sein. Überdies kann man bei einem erheblichen Anteil von Fehlwürfen in der Sammlung auch nicht mehr von einer „getrennten“ Sammlung sprechen.Aber auch getrennt erfasste „saubere“ Abfallfraktionen können (nach Aufbereitung) nicht erfüllbaren Marktanforderungen an die Qualität der Rezyklate oder aber einer begrenzten, technisch bedingten Aufnahmefähigkeit bei der Herstellung von Erzeugnissen gegenüberstehen, so dass ein nicht vorhandener Markt (zur tatsächlichen stofflichen Verwertung) bei gleichzeitig fehlenden Lagerkapazitäten der Aufbereitungs- oder Recyclinganlage zur Notwendigkeit der direkten energetischen Verwertung führen.Wir verweisen diesbezüglich auch auf unsere früheren Ausführungen zur getrennten Erfassung bestimmter Fraktionen im Rahmen derAnhörung zur GewAbfV vom 12.02.2015 sowie vom 06.01.2016.

Vorschlag: § 9 Abs. 2 RefE KrWG sollte wie folgt ergänzt werden (Änderung hervorgehoben):
(2) Soweit Abfälle zur Vorbereitung, zur Wiederverwendung oder zum Recycling getrennt gesammelt worden sind, ist eine energetischeVerwertung nur zulässig für die Abfallfraktionen, die bei der nachgelagerten Behandlung der getrennt gesammelten Abfälle angefallensind, den Schutz von Mensch und Umwelt unter Berücksichtigung der in § 6 Absatz 2 Satz 2 und Satz 3 festgelegten Kriterien am besten oder in gleichwertiger Weise wie die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling gewährleistet.Ist eine getrennt erfasste Abfallfraktion aufgrund von Fehlwürfen, Schadstoffen oder sonstigen Anhaftungen derart starkverunreinigt, dass eine nachgelagerte Behandlung aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht möglich ist oderentsprechende stoffliche Verwertungsmöglichkeiten fehlen, kann diese Abfallfraktion direkt einer energetischen Verwertung zugeführt werden. Die direkte Zuführung getrennt erfasster Abfallfraktionen gemäß der Satz 1 und 2 ist mit nachvollziehbarer Begründung zu dokumentieren.§ 7 Absatz 4 gilt entsprechend.

§ 9a Vermischungsverbot und Behandlung gefährlicher Abfälle

Die in § 9a Abs. 4 RefE KrWG neu geforderte Pflicht zur strikten Getrennthaltung von gefährlichen Abfällen ist in der Praxis derart nichtanwendbar.

Vorschlag:§ 9a Abs. 4 RefE KrWG sollte wie folgt geändert werden (Änderung hervorgehoben):

Gefährliche Stoffe, Gemische oder Bestandteile sind aus gefährlichenAbfällen zu entfernen, soweit sie die weitere Behandlung desGemisches maßgeblich einschränken und nach den Anforderungendieses Gesetzes zu verwerten oder zu beseitigen, soweit dies zur Erfüllungder Anforderungen nach § 7 Absatz 2 bis 4 und § 8 Absatz 1 erforderlichist.

§ 15 Grundpflichten der Abfallbeseitigung - Deponierungsquote

Nach § 15 Abs. 4 RefE KrWG darf die Ablagerung von Siedlungsabfällen auf Deponien spätestens ab dem 1. Januar 2035 höchstens 10 Gewichtsprozent des gesamten Siedlungsabfallaufkommens betragen.Mit dieser Quotenvorgabe wird laut Begründung RefE (Seite 49) die Ablagerung von Siedlungsabfällen als Form der Abfallbeseitigung begrenzt und die Recyclingvorgabe für Siedlungsabfälle in § 14 Abs. 2 RefE flankiert. Die Regelung dient der Umsetzung von Artikel 5 Absatz 5 der Deponierichtlinie (Anmerkung RL 2018/850/EU zur Änderung RL1999/31/EG über Abfalldeponien).

Artikel 5 Absatz 5 der Deponierichtlinie wurde durch § 15 Abs. 4 RefE 1:1 umgesetzt. Der Wortlaut der Neuregelung impliziert, dass ab 2035 sämtliche Siedlungsabfälle von der Begrenzung erfasst sein sollen. Dies ist zwar formal eine deutliche Verschärfung gegenüber der bisherigen Regelung im deutschen Abfallrecht (in Deutschland dürfen bislang (seit 2005) keine gemischten bzw. nicht vorbehandelten Siedlungsabfälle auf Deponien abgelagert werden), jedoch ist diese Anforderung de facto bereits seit langem erfüllt. Unter Umständen wirft diese Regelung im RefE aber auch Fragen auf und führt ggf. zu Rechtsunsicherheiten (Welche Siedlungsabfälle dürfen abgelagert werden? Gilt dies nur für inerte Siedlungsabfälle?)Fraglich ist auch, ob von dieser Neuregelung ggf. nur Behandlungsreste von Siedlungsabfällen, wie beispielsweise die Schlacke aus Thermischen Abfallbehandlungsanlagen oder Rückstände aus der MechanischBiologischen-Abfallbehandlung (MBA), erfasst sein sollen.(Anm.: formal sind dies keine Siedlungsabfälle mehr, sondern Abfälle aus Abfallbehandlungsanlagen und unterliegen ohnehin nicht den QuotenAnforderungen der Deponierichtlinie).

Vorschlag: § 15 Abs. 4 RefE KrwG sollte ersatzlos gestrichen werden.

§ 20 Pflichten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger -Öffentlich-rechtliche Entsorgung und Beauftragung Dritter

In Bezug auf Sperrmüll regelt § 20 Abs. 2 Nr. 5, dass die öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger (örE) Sperrmüll in einer Weise sammeln,welche die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling der einzelnen Bestandteile ermöglicht. Dies erweist sich in der gängigenPraxis als problematisch. Zumeist wird Sperrmüll in einem Pressmüllfahrzeug bzw. über die Wertstoffhöfe in Großcontainern erfasst. Schondurch die Art der Erfassung kann eine Vorbereitung zur Wiederverwendung nicht zwangsläufig gewährleistet werden.Darüber hinaus wäre diese Anforderung vielfach nur bei Vorhalten von entsprechenden Transport-, Lager- und Personalkapazitäten möglich. Zusätzlich ist die energetische Verwertung für die meisten Teilfraktionen aus dem Sperrmüll nachhaltig – beispielsweise wird separiertes Altholz aus dem Sperrmüll i.d.R. nicht stofflich verwertet (z. T. auch bedingt durch Markteinschränkungen für die stoffliche Verwertung), sondern in ökologisch gleichwertigen Altholzverbrennungsanlagen und TABverwertet. Hierbei werden u.a. kleinste z. T. auch eingeschlossene oder in Verbundmaterialen verbaute und nach Verbrennung freigelegteRestmetalle aus der Verbrennungsschlacke aussortiert und stofflich verwertet.Ein Recycling von bestimmten Teilfraktionen aus dem Sperrmüll ist daher auch unter optimalen Sammelbedingungen wirtschaftlich nicht zumutbar und bietet unter Ökoeffizienzgesichtspunkten nur bei ausgewählten Fraktionen Vorteile. Aus diesen Erwägungen muss die Regelung offener ausgestaltet werden.

Vorschlag: § 20 Abs. 2 Nr. 5 RefE KrWG sollte wie folgt geändert werden (Änderung hervorgehoben):
5. Sperrmüll; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sammeln Sperrmüll in einer Weise, welche ergreifen Maßnahmen, um dieVorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling der einzelnen Bestandteile ermöglicht des Sperrmülls zu fördern; …

§ 45 Pflichten der öffentlichen Hand -Beschaffungsvorgaben

Als Erzeuger von knapp 6 Mio. t Hausmüllverbrennungsschlacken und -aschen (HMVA) pro Jahr stehen aus unserer Sicht insbesondere dieRegelungsaspekte bei öffentlichen Bauvergabeverfahren im Fokus. Unsere Vorschläge zur weiteren Anpassung und Optimierung des § 45RefE KrWG erfolgen unter dem Aspekt und der Zielsetzung, zukünftig den Einsatz von mineralischen Ersatzbaustoffen (hier: HMVA) außerhalb von Deponien zu fördern (Schonung der Deponiekapazitäten) und eine Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit insbesondere gegenüber Primärbaustoffen sicherzustellen.

Somit begrüßen wir ausdrücklich die grundsätzliche Pflicht der öffentlichen Hand, bei der Beschaffung oder Verwendung von Material undGebrauchsgütern, bei Bauvorhaben oder sonstigen Aufträgen, gemäß Abs. 2, Ziffer 1 bis 4 solchen Erzeugnissen den Vorzug zu geben, die in besonderer Weise den Zielen der Kreislaufwirtschaft dienen und unter umwelt-, ressourcenschutz- und abfallrechtlich relevanten Aspekten besonders vorteilhaft sind.Allerdings bleibt unklar, inwieweit insbesondere bei Baumaßnahmen auch ein tatsächlicher Vorrang des Einsatzes z.B. von mineralischen Ersatzbaustoffen gegenüber mineralischen Primärrohstoffen bei der Ausschreibung, Beschaffung oder Auftragsvergabe gewährleistet werden kann oder ob auch allein die Kriterien unter Abs. 2 Ziffer 1 (Bevorzugung von Materialien, die in rohstoffschonenden, energiesparenden, wassersparenden, schadstoffarmen oder abfallarmen Produktionsverfahren hergestellt worden sind) des vorliegenden Entwurfs die gleichrangige Nutzung von Primärrohstoffen bzw. darauf basierten Erzeugnissen rechtfertigen.

Darüber hinaus beziehen sich die Pflichten des § 45 Abs. 2 Satz 1 RefE KrWG hinsichtlich des Beschaffungsgegenstandes auf „Erzeugnisse“. Der Erzeugnis-Begriff wird allerdings weder im KrWG noch im RefE KrWG legal definiert. Im abfallrechtlichen Zusammenhang kann der Begriff auch als Synonym für Produkte im Sinne des Gegenteils von Abfall gemäß § 3 Abs. 1 KrWG verstanden werden (vgl. z.B. § 3 Abs. 20 KrWG). Ein solches Begriffsverständnis scheint zumindest teilweise auch dem Referentenentwurf zugrunde zu liegen (vgl. z.B. § 23 RefE KrWG). Ein derart enges Begriffsverständnis, das vor allem Abfälle aus dem Erzeugnisbegriffausschließt, würde somit die Anwendung der Beschaffungsvorgaben und Pflichten des § 45 RefE KrWG von vornherein auf einen wichtigenKernbereich der Kreislaufwirtschaft ausschließen, nämlich auf die Kreislaufführung von Abfällen durch ihre Verwertung im Zuge dafürgeeigneter Verwertungsmaßnahmen im Bereich der öffentlichen Hand. Das wäre angesichts der gesetzlichen Zwecksetzung in § 1 KrWG, die nunmehr durch § 1 Abs. 2 RefE KrWG-E auch auf die Förderung des Erreichens der europarechtlichen Recycling- und sonstigen Quotenausgerichtet werden soll, unverständlich und kontraproduktiv.

Vorschlag:Um den Anwendungsbereich der Pflichten nicht nur auf den ErzeugnisBegriff (im Sinne von Produkten) sondern auch auf Abfälle auszudehnen, sollten die Begriffe „Stoffe“ und „Gegenstände“ aufgenommen werden (wie in § 3 Abs. 1 KrWG als Begriffsgrundlage des Abfallbegriffs verwendet) sowie die eindeutige Bevorzugung von Rezyklaten, Sekundärrohstoffen und insbesondere mineralischen Ersatzbaustoffen zu gewährleisten und hierdurch den Verbrauch von primären Bau- und Rohstoffen zu schonen, sollte § 45 Abs. 2 RefE KrWG wie folgt ergänzt werden (Änderung hervorgehoben):

(2) Die Verpflichteten nach Absatz 1 haben, insbesondere unter Berücksichtigung der §§ 6 bis 8, bei der Gestaltung von Arbeitsabläufen, bei der Beschaffung oder Verwendung von Material und Gebrauchsgütern, bei Bauvorhaben und sonstigen Aufträgen Erzeugnissen, Gegenständen und Stoffen den Vorzug zu geben, die

1. in rohstoffschonenden, energiesparenden, wassersparenden, schadstoffarmen oder abfallarmen Produktionsverfahren hergestelltworden sind,2. durch Vorbereitung zur Wiederverwendung oder durch Recycling von Abfällen, insbesondere unter Einsatz von Rezyklaten oder durch die Aufbereitung von mineralischen Abfällen als mineralische Ersatzbaustoffe oder aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt worden sind,3. sich durch Langlebigkeit, Reparaturfreundlichkeit, Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit auszeichnen oder4. sich durch Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit auszeichnen und im Vergleich zu anderen Erzeugnissen zu weniger oder schadstoff-ärmeren Abfällen führen sich auch sonst besser zur umweltverträglichen Abfallbewirtschaftung eignen.

Im Übrigen haben die Verpflichteten nach Absatz 1 Erzeugnissen den Vorzug zu geben, die in rohstoffschonenden,energiesparenden, klimaschonenden, wassersparenden, und schadstoffarmen Produktionsverfahren oder aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt worden sind.

Die Pflicht der Sätze 1 und 2 gilt, soweit die Erzeugnisse, Stoffe und Gegenstände für den vorgesehenen Verwendungszweck geeignet sind, durch ihre Beschaffung oder Verwendung keine unzumutbaren Mehrkosten entstehen und keine anderen Rechtsvorschriftenentgegenstehen.

Sofern die Verpflichteten nach Absatz 1 in Anwendung der Pflichten in Absatz 2 bei Bauvorhaben und sonstigen Aufträgenausschließlich Primärrohstoffe/-baustoffe verwenden wollen, muss dies nachvollziehbar begründet und im Vergabeverfahren dokumentiert werden.

§ 62 a Chemikalien- und Produktrecht; Informationspflicht von Lieferanten

Mit § 62a RefE KrWG werden Pflichten bei der Verwendung von Stoffen und Gegenständen, deren Abfalleigenschaft beendet ist, in Bezug auf REACH eingeführt.
Nach Seite 86 der Begründung des RefE können auch Abfallerzeuger und -besitzer Adressaten von Abs. 1 sein.
Von der Regelung können Rostasche, Schlacke, Metalle, Kunststoffe, hochaufbereiteter Sekundärbrennstoff sowie Kompost betroffen sein.Fraglich ist, ob dies problematische Auswirkungen hätte bzw. Mehraufwände zum bisherigen Prozedere erzeugen würde. Hinsichtlich derEigenschaft einer Fraktion aus dem Output sind Abgrenzungsschwierigkeiten im Einzelfall darüber zu erwarten, ob es sich dabei(weiterhin) um einen Abfall handelt, der (von Dritten) weiterbehandelt wird oder aber um einen Stoff/Gegenstand zur Vermarktung.

Bei Stoffen und Gegenständen handelt es sich um Begrifflichkeiten, die bereits in § 3 Abs. 1 RefE KrWG eng mit der Begriffsdefinition „Abfall“ verbunden sind. Unter dem Begriff „Materialien“ können hingegen auch unkonkretere Gegenstände begrifflich gefasst werden.

Vorschlag: In § 62a RefE sollten im Sinne der Rechtsklarheit die Begriffe „Stoffe und Gegenstände“ durch „Materialien“ ersetzt werden.

Anlage 5 (zu § 6 Absatz 2) - Beispiele für wirtschaftlicheInstrumente und andere Maßnahmen zur Schaffung von Anreizenfür die Anwendung der Abfallhierarchie.

§ 6 KrWG bleibt durch den Referentenentwurf unverändert, wird jedoch um einen Verweis auf Anlage 5 ergänzt. Laut Begründung RefE KrWG (Seite 43/Seite 87) dient dies der Umsetzung von Art. 4 Abs. 3 AbfRRL/Anhang IVa AbfRRL. Der Inhalt von Anlage 5 wird in § 6 Abs. 2 am Ende mit „Beispiele für Maßnahmen und wirtschaftliche Instrumente“ bezeichnet. Dies entspricht nicht der komplexeren Überschrift der Anlage oder der Formulierung in der Begründung.
Die einzelnen Instrumente und Maßnahmen sind zudem sehr ungenau bis pauschal formuliert.Ein Beispiel der Nr. 1 sind Gebühren und Beschränkungen für die Verbrennung von Abfällen. Inwiefern hier eine Unterscheidung zwischenenergetischer Verwertung (R1) und Verbrennung (D10; vgl. Anlagen 1 und 2) beabsichtigt ist, wird in der Begründung zu Anlage 5 nicht explizit erwähnt. R1-Anlagen als Schadstoffsenke und saubere Energieproduzenten/-lieferanten leisten einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz. Die Einführung von Gebühren und Beschränkungen für die energetische Verwertung von Abfällen als Anreiz für Abfallvermeidung und Recycling im Sinne einer generellen „Verbrennungssteuer“ ist umweltpolitisch nicht zielführend.
Thermische Abfallbehandlungsanlagen (zur energetischen Verwertung) sind ein Grundpfeiler einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, haben den Ausstieg aus der Deponierung unbehandelter Siedlungsabfälle sichergestellt und fungieren als „Leber und Niere“ für ein hochwertigesRecycling.
Falls eine energetische Verwertung von Abfällen zulässig ist, bedarf es keiner weiteren Verschärfung. Eine Deponierung von Siedlungsabfällen als Entsorgungswahlmöglichkeit findet aufgrund der Umsetzung der Technischen Anleitung Siedlungsabfall (TASi) schon seit 2005 nicht statt.
Zudem sollten gefährliche Abfälle grundsätzlich von der Anwendung der Ziffer 1 ausgenommen werden, da ansonsten bei Einführung möglicher Abgaben auf die Deponierung oder Verbrennung gefährlicher Abfälle die Gefahr besteht, dass aufgrund des Kostendrucks derartige Abfälle nicht mehr umweltgerecht und sicher entsorgt werden, sondern in den Stoffkreislauf (ggf. aufbereitet etc.) zurückkommen.
Auch bleibt aus unserer Sicht weitestgehend unklar, wer primärer Adressat/Akteur zum Ergreifen der „Instrumente und Maßnahmen“ sein soll. Durch den Hinweis auf Abfallvermeidungsprogramme in der Begründung kommen hier möglicherweise der Bund und die Länder in Betracht, eine klare Verantwortlichkeit fehlt jedoch.

Vorschlag: Anlage 5 RefE KrWG sollte ersatzlos gestrichen werden.Die Möglichkeiten für wirtschaftliche Instrumente und andere Maßnahmen zur Schaffung von Anreizen für die Anwendung der Abfallhierarchie sollten zur Umsetzung von Art. 4 Abs. 3 AbfRRL/Anhang IVa AbfRRL direkt an den noch konkret zu definierenden Adressatenkreis gerichtet werden.

Wir hoffen, dass Sie unserer Argumentation folgen können und stehen fürweitere Erläuterungen gerne zur Verfügung.Mit freundlichen GrüßenCarsten SpohnGeschäftsführerITAD e.V.