Stellungnahme StromStG und EnergieStG

ITAD fordert die Einbeziehung der TAB in die Entlastung für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes.

Sehr geehrter Herr Rißmann,

wir bedanken uns für die Möglichkeit zur Stellungnahme zum vorliegenden
Entwurf. ITAD e.V. ist die Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland. Knapp 80 Thermische Abfallbehandlungsanlagen (TAB) mit über 90 % der bundesdeutschen Behandlungskapazität sind Mitglied der ITAD. Sie verwerten mit fast 7.000 Mitarbeitern rund 23 Mio. Tonnen Siedlungsabfälle und siedlungsabfallstämmige oder -ähnliche Gewerbeabfälle (sowie geringe Mengen weiterer Abfälle wie z.B. hausmüllähnliche gefährliche Abfälle oder Klärschlamm) pro Jahr und gewährleisten somit maßgeblich die Entsorgungssicherheit für Bürger und die Industrie.

Wir nehmen zu den geplanten Änderungen wie folgt Stellung:

1. KLASSIFIKATION DER WIRTSCHAFTSZWEIGE

Durch Art. 1 Ziffer 6 Buchstabe c des Referentenentwurfs soll § 11 Nr. 4 StromStG wie folgt erweitert werden:

„4. die Zuordnung von Unternehmen zu einem Abschnitt oder einer Klasse der Klassifikation der Wirtschaftszweige (§ 2 Nummer 3 und 5) auch abweichend von den Zuordnungsregelungen der Klassifikation der Wirtschaftszweige zu regeln.“


Anmerkungen:

In der Begründung des Referentenentwurfs wird diese Änderung als Klarstellung bezeichnet. Unserer Einschätzung nach würde die Änderung jedoch eine weiterreichende Einschränkung der begünstigten Unternehmen ermöglichen.
Da die Einstufung zu den Klassen der WZ für die Strom- (und Energiesteuer wesentlich ist, müssen Einschränkung dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben (Wesentlichkeitstheorie).

Änderungsvorschlag: Beibehalten der bisherigen Regelung.


2. AKTUALISIERUNG AUF WZ 2008

Betreiber von Anlagen zur thermischen Abfallbehandlung sollen nach
§ 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG eine vollständige Energiesteuerentlastung erhalten, da das zur thermischen Abfall- und Abluftbehandlung eingesetzte Erdgas bzw. Heizöl nicht nur der Abfallentsorgung, sondern auch der Luftreinhaltung und Schadstoffbeseitigung dient.

Der EUGH hat am 17.12.2015 beschlossen (C‑529/14) dass Erdgas, das unter anderem zur Vernichtung von giftigen Prozessgasen verheizt wird, nicht zu einem doppelten Verwendungszweck eingesetzt wird. Die Finanzverwaltung interpretiert diesen Beschluss so, dass auch bei der Verbrennung von Abfall, das in einzelnen Betriebszuständen zur Einhaltung der zur Schadstoffbeseitigung vorgeschriebenen Mindesttemperatur erforderliche Erdgas und Heizöl ebenfalls keinen doppelten Verwendungszweck darstelle.

Daher sollte es den thermischen Abfallbehandlungsanlagen ermöglicht werden, zumindest den energie-/stromsteuerlichen Spitzenausgleich gemäß §§ 54, 55 EnergieStG sowie §§ 9b, 10 StromStG in Anspruch zu nehmen.

Dazu ist der Verweis in § 2 Nr. 3 StromStG von der Klassifizierung der Wirtschaftszweige 2003 auf 2008 zu aktualisieren, in dem die Abfallbehandlung in Abschnitt E enthalten ist.

Änderungsvorschlag: Artikel 1 Absatz 1 a) ist wie folgt zu fassen: In Nummer 2a werden die Wörter „www-ec.destatis.de“ durch die Wörter „www.destatis.de“ und die Zahl „2003“ durch „2008“ ersetzt. Es ist folgende neue Nummer b) zu ergänzen: In Nummer 3 werden die Wörter „(Energie- und Wasserversorgung)“ durch die Wörter „(Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen)“ ersetzt.

Diese Änderungen sollte rückwirkend zum 1.1.2018 berücksichtigt werden, um unnötige Übergangszeiträume ohne jegliche Entlastungsmöglichkeiten zu verhindern.

3. KAUFMÄNNISCH-BILANZIELLE EINSPEISUNG

Durch Artikel 1 Nr. 4 b soll in § 9 StromStG folgender Absatz 1a eingefügt werden.

„(1a) Strom ist nicht nach Absatz 1 Nummer 1 von der Steuer befreit, wenn er in ein Netz für die allgemeine Versorgung mit Strom oder ein geschlossenes Verteilernetz eingespeist wird. Eine Einspeisung nach Satz 1 liegt auch dann vor, wenn der in der Anlage erzeugte Strom lediglich kaufmännisch-bilanziell eingespeist wird. Satz 1 und 2 gelten für die Fälle nach Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe a entsprechend, wenn die Netzdurchleitung des er-zeugten Stroms zu den Entnahmestellen des Betreibers der Anlage nicht gestattet ist.“

Anmerkungen:

Ein Grundprinzip des Energie- und Stromsteuerrechts ist, dass sowohl die Steuerentstehungstatbestände sowie die Steuerbegünstigungen an faktisch Begriffe anknüpfen. Die Stromentnahme als Kriterium der Steuerentstehung in § 5 Abs. 1 StromStG ist faktisch und nicht normativ auszulegen.

Die kaufmännisch-bilanzielle Einspeisung stammt aus dem EEG/KWKG und dient dort der Förderung dezentraler Eigenversorgungskonzepte aus regenerativen Energien für die trotz physischen Eigenverbrauchs des erzeugten Stroms ein Förderanspruch nach dem EEG/KWKG-G bestehen soll. Diese Gleichbehandlung von physischer und lediglich kaufmännisch-bilanzieller Einspeisung im EEG und KWK-G kann nicht in das Stromsteuerrecht übernommen werden.

Änderungsvorschlag: Die Einbeziehung der kaufmännisch-bilanzielle Einspeisung ist zu streichen.


Für Rückfragen oder Gespräche stehen wir gerne zur Verfügung und verbleiben
mit freundlichen Grüßen,


Carsten Spohn, Geschäftsführer

Vinzenz Schulte, Recht und Kommunikation