Kunst und Paddeln für saubere Gewässer

Künstler Stephan Horch und der Verein Clean River Project fischen Plastik aus heimischen Gewässern.

Seit zwei Jahrzehnten lebt der 44-jährige Künstler Stephan Horch in Winningen an der Mosel. Seit einigen Jahren sammelt er mit dem von ihm gegründeten gemeinnützigen Verein Clean River Project e.V. Plastikmüll aus heimischen Gewässern und wird dabei von ITAD-Mitgliedern unterstützt.

Winningen ist ein idyllischer Ort. Die Mosel mäandert oberhalb von Koblenz durch die Dörfer und zieht an den steilen Weinbergen vorbei. Stephan Horch ist hier seit Jahren mit seinem Kajak unterwegs. Regel­mäßig lässt er im Örtchen Winningen sein Boot zu Wasser, um die Mosel stromauf Richtung Dieblich, Niederfell und Oberfell zu paddeln.

Doch die Idylle trügt.

Denn an den Ufern der Mosel sammelt sich der Müll. „Ich habe vor sie­ben Jahren mit dem Kajakfahren angefangen und dabei gemerkt, wieviel Abfall in den Flüssen schwimmt“, erzählt Horch. „Das war im Fluss direkt vor meiner Haustür.“

Ein Mann mit Flyer in der Hand.Plastikkunst: Abschreckung gegen das Wegwerfen

Horch hatte die Idee, aus dem Müll Kunst zu machen. Er nahm das Plastik aus dem Fluss mit nach Hause und inszenierte es vor wei­ßem Hintergrund: ein Fisch aus Verpackungen von Süßigkeiten, ein Quietscheentchen auf Styroporresten und Capri-Sonne-Packungen in verschiedenen Stadien des Verfalls. Das zog Kreise.

Schon 2012 hat Horch das „Clean River Project“ ins Leben gerufen. Seitdem haben Horch und eine wachsende Zahl an Unterstützern des Projektes allerlei Kurioses aus dem Wasser gezogen. Sogar Schreibmaschinen und Kühlschränke waren mit dabei.

50.000 Liter Müll gefischt

Inzwischen macht der Verein fast jedes Jahr eine Müll-Sammel-Tour. 2018 war er 450 Kilometer mit dem Kajak unterwegs. 2019 waren es schon 823 Kilometer, von Koblenz über den Rhein, am Mittellandkanal entlang und über die Spree bis Berlin. An den Zwischen­stationen folgten viele Paddlerinnen und Paddler dem Aufruf des Clean River Projects und beteiligten sich an den so­genannten CleanUp Events, um gemein­sam ein Zeichen für den Umweltschutz zu setzen. Pro Jahr sammeln Horch und sein Team so bis zu 50.000 Liter Plastik­müll aus dem Wasser.

GML Ludwigshafen und die AVG Köln sind bereits Unterstützer

In der Domstadt wurde das Clean River Project dabei von der AVG Köln unter­stützt. Sie brachte die Stadt Köln und die Kölner Abfallwirtschaftsbetriebe mit ins Boot.

Insgesamt rund 40 Müllsammler, darunter das Kölner Umweltdezer­nat, säuberten das Rheinufer vor der Domkulisse. In den zwei Sammelstunden kamen so schnell zwei Kubikmeter Müll und fünf große Tüten mit Zigaretten­stummeln zusammen.

„Wir waren begeistert von dem Projekt und sofort bereit, den Rhein-Müll bei uns in der Anlage zu verwerten und um­weltgerecht zu verbrennen“, sagt AVG Sprecher Tilo Dumuscheit.

Das Gemeinschafts-Müllheizkraftwerk Ludwigshafen GmbH (GML) ist beim Clean River Project als fester Partner dabei und unterstützt die CleanUp Tour als „Streckenpate“. Schon 2017 organisierte das ITAD-Mitglied eine erste Ausstellung mit dem Umwelt- und Kunstprojekt in der „LUcation“, einem ehemaligen Hallenbad, das der GML heute als Löschwasserreservoir dient.

„Wir wollen mit den Fotografien den ungewöhnlichen Ausstellungsort nutzen und den Menschen zeigen, wo Abfälle hinkommen und wo nicht“, so Dr. Thomas Grommes von der GML-Ge­schäftsführung.

Zusätzlich hat das Projekt für die CleanUp Tour über 30.000 Euro durch Crowdfunding gesammelt.

Ein Mann mit Bildern im Hintergrund.Mehr Plastikteile als Fischlarven

Denn Plastik im Meer ist nicht nur in Asien ein Problem. Allein der Rhein transportiert jedes Jahr rund 31 Tonnen Plastikmüll in die Nordsee. In der Donau werden an einigen Abschnitten bereits mehr Plastikteile als Fischlarven ge­zählt: Forscher an der Universität Wien fanden im Schnitt 317 Plastikteile und nur 275 Fischlarven pro 1.000 Kubikme­ter Wasser (Stand 2014).

Allein im Jahr 2015 wurden weltweit rund 380 Millionen Tonnen Kunststoffe produziert, davon gelangen – je nach Schätzung – 4 bis 13 Millionen Ton­nen jährlich in die Meere. Mehr als 140 Millionen Tonnen Plastikmüll treiben in­zwischen in fünf riesigen Strudeln durch die Meere. Ein Großteil des Plastikmülls in den Ozeanen stammt aus Flüssen – 86 Prozent aus Asien, 8 Prozent aus Afrika und unter 0,3 Prozent aus euro­päischen Flüssen. Dass Europa schein­bar wenig zur Kunststoff-Verschmut­zung der Weltmeere beiträgt, liegt an der vergleichsweise hoch entwickelten Abfallwirtschaft mit den Thermischen Abfallbehandlungsanlagen.

Dennoch ist jedes Kunststoffteil, das in die Ökosysteme gelangt, eines zu viel. Daher engagieren sich ITAD und einige Mitgliedsunternehmen (z.B. ZVO und Prezero) beim „Runden Tisch Meeresmüll“. Hier werden Lösungen zur Minimierung des Eintrags und Ent­sorgungskonzepte für den herausge­fischten Plastikmüll, aber auch für die „Geisternetze“ erarbeitet, die in den Weltmeeren treiben.

Nächstes Ziel: Europa

Der Verein Clean River Project möchte vor allem eins: aufklären und die Öffentlichkeit für das Plastikmüllproblem sensibilisieren. Sein Ziel: Das Clean River Project soll europaweit ein Netzwerk aus Unternehmen, Institutionen und Freiwilligen etablieren, um auf das Problem der Plastikverschmutzung aufmerksam zu machen.

aus: ITAD-Jahrbuch 2019.