Gesetzesmaschinerie zwischen Vision und Wirklichkeit - CEWEP 2017

Die wichtigsten Themen des Jahres 2017 in Brüssel.

Gebäude in Brüssel

Die letzten Jahre waren in Brüssel geprägt von den Diskussionen um das EU-Kreislaufwirtschaftspaket. Im Dezember 2017 konnte im so genannten Trilog (Mitgliedstaaten, Europäisches Parlament unter Mitwirkung der Europäischen Kommission) unter der EU-Ratspräsidentschaft von Estland eine Einigung erzielt werden. Dr. Ella Stengler ist Geschäftsführerin der CEWEP, dem europäischen Dachverband der Betreiber von Waste-to-Energy Anlagen. Sie berichtet von weniger Deponierung, höheren Recyclingquoten und der unumstrittenen Rolle der Verbrennung.

Positiv an dem Paket ist die Bestimmung, die Deponierung von Siedlungsabfall EU-weit auf 10 % zu beschränken. Enttäuschend ist die sehr lange Übergangszeit bis 2035. Und für die Mitgliedstaaten, die noch am meisten deponieren, darf es gar 2040 sein.

Die neuen Recyclingziele für Siedlungsabfall (65 %) müssen bis 2035, nicht schon 2030, wie von der Kommission ursprünglich vorgeschlagen, umgesetzt werden. Bis 2030 sollen es 60 % Recycling sein.

Schaffen die Länder die EU-Quoten?

Die Definition des Siedlungsabfalls wird erweitert, so dass schätzungsweise 20 % mehr als Siedlungsabfall erfasst wird als bisher. Da in Zukunft prinzipiell (natürlich gibt es Ausnahmen) nur das als Recycling definiert wird, was tatsächlich recycelt wird, darf man gespannt sein, ob bzw. wie und wann die neuen Ziele erreicht werden. Bei Anwendung der neuen, strengeren Zählweise erfüllt bisher kein einziger Mitgliedstaat die 65 % Recyclingquote für Siedlungsabfall, und wohl auch nicht die für 2030 angesetzte 60 % Recyclingquote.

Dass die Ziele, einerseits möglichst viel zu recyceln und andererseits möglichst hochwertig zu recyceln, nicht immer in Einklang stehen, zeigen auch zwei Kommunikationspapiere der Kommission, die 2017 vorbereitet und im Januar 2018 gleichzeitig veröffentlicht wurden.

Während die Kommission bei ihrer Plastikstrategie Visionen aufzeigt und ambitionierte quantitative Recyclingquoten benennt, etwa 100 % Wiederverwendbarkeit und Recyclierbarkeit von Kunststoffverpackungen bis 2030 (notabene: die kurz vor der formalen Verabschiedung stehende neue Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle sieht ein Ziel von 55 % Recycling bis 2030 vor), betont sie bei der Kommunikation zur Schnittstelle zwischen Chemikalien-, Produkt und Abfallrecht, dass eine Schadstoffverschleppung in den Wirtschaftskreislauf vermieden werden muss.

Die Kommission stellt in letzterem Papier die Frage: Wie lässt es sich miteinander vereinbaren, dass Abfall eine Ressource ist, die recycelt werden sollte, dass jedoch gleichzeitig sichergestellt werden muss, dass Abfälle mit besorgniserregenden Inhaltsstoffen nur zu Materialien verwertet werden, die unbedenklich verwendet werden können?

Kreislaufwirtschaft nicht ohne Waste-to-Energy

Die Europäische Chemikalienagentur in Helsinki deklariert immer mehr Substanzen als „besorgniserregende Stoffe“, die nur eingeschränkt, wenn überhaupt, recycelt werden können.

Es bleibt eine große Herausforderung, das Zusammenspiel von Quantität vs. Qualität beim Recycling stimmig zu machen. CEWEP setzt sich weiterhin für ein hochwertiges Recycling in einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft ein, die ohne Waste-to-Energy schlicht nicht machbar ist.

Der europäische Dachverband der Betreiber wird auch nicht müde, zu betonen, dass die Schlacke aus Waste-to-Energy Primärrohstoffe wie Sand und Kies etwa im Straßenbau ersetzen kann und Metalle recycelt werden. Daher ist es aus Verbandssicht besonders erfreulich, dass das neue EU-Kreislaufwirtschaftspaket vorsieht, Metalle, die nach der Verbrennung von Siedlungsabfall bzw. Verpackungsabfall, aus der Schlacke separiert

werden, den Recyclingquoten für diese Abfallströme angerechnet werden. Wie (und wo) gemessen wird und welche Qualitätsansprüche vorausgesetzt werden, muss die Kommission in einem „implementierenden Akt” festlegen. CEWEP ist diesbezüglich in engem Kontakt mit der Kommission und arbeitet zusammen mit anderen Verbänden an der Thematik.

Müll an der StraßeBiogener Anteil zählt weiter zu Erneuerbaren

Positiv zu vermerken ist auch, dass in einem anderen wichtigen Gesetzesakt, der derzeit zur Novellierung ansteht, der Richtlinie über

erneuerbare Energien, die Anerkennung des biogenen Anteils als erneuerbare Energiequelle weiterhin bleibt. Subventionen sind an die Berücksichtigung der Abfallhierarchie gebunden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass 2017 für die europäische Waste-to-Energy Branche spannend und weichenstellend war. Eine neue Hardware wurde vorbereitet, die Software (sowie so mancher Teufel im Detail) steht 2018 auf dem Programm, mit sämtlichen Herausforderungen, die Visionen und Wirklichkeiten so mit sich bringen.

von: Dr. Ella Stengler
aus: ITAD-Jahrbuch 2017.